Schäfermeister Martin Winz läuft im langen Schäfermantel und den Hunden am Bandelier hin und her. Immer wieder geht sein Blick zu den Preisrichtern, die sich noch über den vorangegangenen Hüter beraten. Martin Winz will endlich loslegen und mit seinen Gelbbackenrüden Atze und Hannes den Wettbewerbsparcours bei der sachsen-anhaltischen Landesmeisterschaft im Schafehüten absolvieren. Der Tag ist schon weit fortgeschritten, der Altmeister ist der letzte Starter an diesem 20. August. Als ihm die vierköpfige Jury endlich die Hüteerlaubnis erteilt, ist da nur noch Ruhe. Mit viel Umsicht und all seiner Erfahrung und Routine gelingt dem Schäfermeister aus Halle-Seeben eine sehr gute Leistungsschau, für die er am Ende des Tages mit dem Landessieger-Titel belohnt wird. Damit vertritt Martin Winz, der seit mehr als einem halben Jahrhundert Schäfer ist, Sachsen-Anhalt zum wiederholten Mal beim Bundesleistungshüten am 17. und 18. September im niedersächsischen Duderstadt. Blickt man in die Statistiken so stellt man fest: Der 68-Jährigen hat zum elften Mal das sachsen-anhaltische Leistungshüten gewonnen.
Doch vor dem Vergnügen hat der liebe Gott den Schweiß gesetzt - oder in diesem Fall die Geduld. Denn bevor der spätere Landessieger ran durfte, zeigten fünf weitere Berufsschäfer aus dem ganzen Land ihr Können. Sie hatten sich zuvor in den Qualifikationshüten ihres Schäfervereins über Platzierung oder Punkte durchgesetzt. Den Anfang machte Schäfer Michael Winz (35), der die flotte Herde aus gut 350 Schafen der Rasse Ile de France gut durch den Parcours in der Franzigmark brachte und für den es am Ende für den vierten Platz reichte. Ein Hüten mit ansteigendem Puls zeigte Klaus Otto, der als einziger mit Deutschen Schäferhunden an den Start ging. Zunächst verlor der 64-Jährige aus dem Landkreis Mansfeld-Südharz die Kontrolle über Hund und Herde, fing sich dann aber wieder und musste sich zum Schluss mit Platz sechs zufriedengeben. „Die Schafe kennen keine Deutschen, da waren die Probleme fast vorprogrammiert“, sagte Jury-Sprecher Raimund Nagel bei der abschließenden Einzelbewertung der Hüter. Kein leichtes Unterfangen für Schäfer Holger Pilz (51), der danach die nervöse Herde übernahm, aber gemeinsam mit dem Gelbbacken-Duo Bettie und Schnippe ein ruhiges, souveränes Hüten präsentierte. Die gut 250 Zuschauer sahen mit Schnippe übrigens den besten Beihund des Tages. Eine Leistung, die mit einem extra Pokal belohnt wurde. Den besten Haupthund stellte Martin Winz mit Atze. Auf Holger Pilz folgte Schäfer Ralf Engel, der noch einmal eine Qualitätsschippe nachlegte. Das trieb dem konzentriert zuschauenden Martin Winz die ersten kleinen Sorgenfalten auf die Stirn und animierte das erfahrene Publikum zu vielfach anerkennendem Kopfnicken. Der 52-Jährige aus Droyßig hatte die Hunde Sepp und Hasso sehr gut im Griff, zeigte die beste Hüteleistung des Tages und setzte sich nach dem Einpferchen zunächst an die Spitze des Feldes. Daran konnte auch Schäfermeister Mario Wehlitz aus Brambach nichts ändern, der mit Jack und Flink keinen guten Tag erwischte und den die Jury auf Platz fünf setzte. Nach Auswertung aller Hüteprotokolle der Punktrichter Raimund Nagel, Wolfgang Hedel, Bernd Bernhardt und Andreas Schmidt stand die Besetzung des Podiums am späten Nachmittag fest. Ralf Engel fehlten zwei Punkte auf Landessieger Martin Winz, Holger Pilz wurde Dritter und konnte seinen Landestitel aus dem Vorjahr nicht verteidigen. Alle Teilnehmer bekamen Pokale und Sachgewinne, überreicht vom Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, Dr. Ralf-Peter Weber. Das Fazit des Tages zog Hüteleiter Dirk Papendieck. „Das war ein Landeshüten auf hohem Niveau, sehr gut organisiert und wie immer hervorragend vorbereitet.“