Zur „engen Inzucht“ möchte ich kurz etwas loswerden:
Kynologen verwenden folgende Begriffe -
- Vollgeschwisterpaarung
- Halbgeschwisterpaarung
- Inzest-Zucht (engste Inzucht) / Paarung von Tieren im 1. und 2. Verwandtschaftsgrad (Eltern x Kind, Geschwister, Grosseltern x Enkel)
- enge Inzucht (nahe Inzucht) / Paarung von Tieren im 3. und 4. Verwandtschaftsgrad (Onkel x Nichte, Vetter x Base)
- mässige Inzucht (weite Inzucht)
Paarung von Tieren im 5. und 6. Verwandtschaftsgrad
Wenn hier also von einer engen Inzucht gesprochen wird, dann ist das bei der Rassehundzucht im 3. und 4. Grad verwandte Tiere miteinander zu paaren. Zum Vergleich beim Menschen: meines Wissens nach dürfen nach heutiger Gesetzeslage Cousine und Cousin einander heiraten.
Zurück zu den Hunden - an dieser Stelle nun ein Auszug aus dem Buch „Hundezucht 2000“ (ISBN-10: 393807132X) des Kynologen Dr. Hellmuth Wachtel:
Bei kleinen Populationen - und das gilt in gewissem Maß für praktisch alle Hunderassen, da auch die zahlenmäßig großen von nur wenigen Stammeltern abstammen - hat der Zufall entsprechend größere Chancen, einzelne Allele zu fixieren (d.h. es gibt in dieser Rasse dann kein anderes Allel für diesen Genort) bzw. zu eliminieren. Wie gesagt, das soll ja auch so sein, wenn wir rassetypische Eigenschaften verankern und nicht-rassetypische ausscheiden wollen. Nur kommt es da zu einem Eiertanz, weil eben auch unerwünschte, die wir aber als solche nicht oder vorderhand nicht erkennen können, in viel größerer Zahl fixiert werden und ebenso viele erwünschte auf Nimmerwiedersehen verloren gehen können. Das sind vor allem Vitalitätsfaktoren, wie Fruchtbarkeit, Widerstandsfähigkeit, Instinktsicherheit, geistige und körperliche Leistungsfähigkeit usw.
Nun sind ja gottlob die rassetypischen Merkmale in unseren Rassen heute meist schon ausreichend fixiert. Was nun ganz dringend erforderlich erscheint, ist die genetische Vielfalt zu erhalten bzw. zurück zu gewinnen, also überlegte Auszucht mit rassetypischen und ähnlichen, aber verwandtschaftlich einander fernstehenden Tieren durchführen. Durch die Erhöhung der genetischen Vielfalt steigt die Leistungsfähigkeit aller physiologischen Funktionen und damit der allgemeine Gesundheitstatus der Zuchtprodukte. Die Defektgene sind damit nicht ausgemerzt, aber sie haben viel weniger Möglichkeiten, in einem Individuum zusammenzutreffen, so dass es phänotypisch erkrankt ist.
Die Kampfmittel gegen Erbfeind Zufall sind daher drei:
1) statt auf Engzucht auf Auszucht setzen
2) möglichst viele Rüden in einer Rasse zur Zucht verwenden, keine Rüden übermäßig bevorzugen, denn vor allen dadurch verbreiten sich Schadgene weithin in der Population
3) trachten, die Zuchtpopulation der Rasse zu erhöhen und hoch zu erhalten.
@drifter
Wo wären dann die Welpenpreise wenn sich rausstellen würde , das der ach so bekannte Rüde, der soviele Schauen mit vorzüglich gewonnen hat,....
Genau diesen Fall gab es angeblich (lt. Gesprächsrunde in einer der letzten AAH-Versammlungen). Ein hochdekorierter DSH war als Deckrüde im Einsatz und, weil er ja so viele Schauen und weiß-nicht-was-sonst-noch gewonnen hatte, das nicht gerade selten. Bis sich dann (wie ??) irgendwann herausstellte, daß er hochgradige HD hat. Exakte Quellenangaben mit Roß und Reiter habe ich hierzu aber nicht parat.
Gruß,
Susanne